Stel­lung­nah­me zum Refe­ren­ten­ent­wurf für ein Selbstbestimmungsgesetz

Sehr geehr­ter Herr Bun­des­jus­tiz­mi­nis­ter Busch­mann,
sehr geehr­te Frau Bun­des­frau­en­mi­nis­te­rin Paus,
sehr geehr­ter Herr Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Lau­ter­bach,
sehr geehr­ter Herr Bun­des­kanz­ler Scholz,


Safia e.V. – Les­ben gestal­ten ihr Alter ist der seit 1986 bestehen­de, fast 400 Mit­frau­en zäh­len­de größ­te Zusam­men­schluss in Deutsch­land von und für les­bi­sche Frau­en ab und über 40. 

In unse­ren Rei­hen haben wir Frau­en, die z. T. in den 50ger, 60ger und 70ger Jah­ren mas­si­ve Dis­kri­mi­nie­run­gen am Arbeits­platz, in der Fami­lie und im All­tags­le­ben erfah­ren haben, sich ver­steck­ten und ihre Lie­be zu Frau­en im Gehei­men leben muss­ten. In der Frau­en- und Les­ben­be­we­gung ab den frühen 70igern haben wir uns gegen die­se Dis­kri­mi­nie­run­gen gewehrt, sind in die Öffent­lich­keit gegan­gen, haben uns als Les­ben geoutet.Wir haben infor­miert und pro­vo­ziert, haben unser Recht auf ein dis­kri­mi­nie­rungs­frei­es Leben und gesell­schaft­li­che Akzep­tanz unse­rer Lebens­wei­se gefordert.

Unser Selbst­ver­ständ­nis: Wir sind Les­ben, weil wir emo­tio­nal und kör­per­lich Frau­en­Les­ben lie­ben. Wir lie­ben und begeh­ren Frau­en­Les­ben und bezie­hen uns emo­tio­nal und kör­per­lich auf bio­lo­gi­sche FrauenLesben.

Ohne jeg­li­che staat­li­che Unterstützung, gespeist von unse­rer Wut und Empö­rung über die erfah­re­ne Dis­kri­mi­nie­rung haben wir 50 Jah­re für unse­re Rech­te gekämpft, unse­re eige­nen Räu­me geschaf­fen, in denen wir uns aus­tau­schen, begeg­nen, dis­ku­tie­ren, fei­ern und unse­re viel­fäl­ti­ge Les­ben-Kul­tur leben konn­ten und können.

Doch inzwi­schen wer­den les­bi­sche Frau­en von Män­nern, die sich als Frauen/​Lesben defi­nie­ren, bedrängt, ihnen Zugang zu unse­ren Les­ben­Räu­men zu gewäh­ren und sie als „Sexu­al­part­ne­rin­nen“ zu akzep­tie­ren. Leh­nen wir sie ab, wer­den wir als „trans­phob“, „Nazis“ oder „Vagi­na­fe­ti­schis­tin­nen“ beschimpft und mit Gewalt bedroht.

Die Sicher­heit unse­rer geschützten Räu­me wer­den uns mit dem geplan­ten SBGG genom­men, indem sich alle Män­ner, die sich aus unter­schied­lichs­ten Gründen, mit den unter­schied­lichs­ten Para­phi­lien als Frau­en und Les­ben defi­nie­ren, Zugang for­dern und jetzt bereits verschaffen.

Das im Refe­ren­ten­ent­wurf benann­te Haus­recht ist für uns eine Mogel­pa­ckung und ein Abschie­ben staat­li­cher Ver­ant­wor­tung auf ein­zel­ne Per­so­nen und Grup­pen. Die­sen wird auf unver­ant­wort­li­che Wei­se zuge­mu­tet, zwi­schen zwei mög­li­chen Straf­ta­ten und Straf­an­dro­hun­gen zu balan­cie­ren, einer­seits gegen das Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­ge­setz und ande­rer­seits gegen das Offen­ba­rungs­ver­bot zu ver­sto­ßen. Bei­de beinhal­ten, dass die Rea­li­tät nicht benannt wer­den darf: Dass die Ein­tritt for­dern­de Frau in Wirk­lich­keit ein Mann ist und ihm des­halb der Zugang ver­wei­gert wird. D.h. wir Les­ben wer­den per Gesetz gezwun­gen zu lügen, wer­den kriminalisiert.

In den letz­ten Jah­ren ist die Zahl der Jugend­li­chen, die eine Ände­rung des Geschlechts­ein­tra­ges bean­tra­gen und damit ver­bun­den geschlechts­an­glei­chen­de Maß­nah­men ein­lei­ten, mas­siv gestie­gen. Ca. 80% davon sind Mäd­chen und jun­ge Frau­en, die sich nicht in die für sie gesell­schaft­lich vor­ge­se­he­ne „Frau­en­rol­le“ einfügen wol­len oder kön­nen. Vor­schnell wird die­sen Mäd­chen und jun­gen Frau­en, in vor allem queer/​trans ori­en­tier­ten Bera­tungs­stel­len, mit der Begründung „im fal­schen Kör­per gebo­ren“ zu sein, die Opti­on einer Tran­si­ti­on vorgeschlagen.

Ein rückschrittliches Den­ken und Han­deln, da die Mäd­chen und jun­gen Frau­en in ein neu­es Rol­len­kli­schee gedrängt wer­den. Es bedeu­tet Hor­mon­be­hand­lung und Ent­fer­nung von Brüsten, Eier­stö­cken und Gebär­mut­ter, lebens­lan­ge Hor­mon­ein­nah­me und ent­spre­chen­de Nebenwirkungen.

Von vie­len Detran­si­tio­ne­rin­nen wis­sen wir, dass hin­ter ihren Pro­ble­men mit ihrer Geschlechts­zu­ge­hö­rig­keit ver­dräng­te les­bi­sche Wünsche und Bedürfnisse stan­den. Die im Gesetz­ent­wurf frühe Mög­lich­keit der Geschlechts­än­de­rung ist ein sys­te­ma­ti­sches Les­ben­ver­hin­de­rungs­pro­gramm mit gra­vie­ren­den gesund­heit­li­chen Folgen.

Wir leh­nen den Refe­ren­ten­ent­wurf ab, weil er

  • inhalt­lich widersprüchlich ist („eine Trans­frau ist eine Frau“, im Span­nungs- und­Ver­tei­di­gungs­fall dann doch wie­der ein Mann)
  • Rech­te von Frauen/​Lesben miss­ach­tet und zutiefst miso­gyn sind(Quotenregelung, geschlechts­spe­zi­fi­sche Sta­tis­ti­ken, Sport etc…)
  • ver­fas­sungs­recht­lich bedenk­lich ist, da das BVerfG in sei­nem Urteil vom17.10.2017 die Begut­ach­tungs­pflicht nicht bemän­gelt, son­dern viel­mehr näher­spe­zi­fi­ziert hat


Wir for­dern Sie auf, einen voll­stän­di­gen Neu­start der Dis­kus­si­on unter Ein­be­zie­hung der Bevöl­ke­rung und aller von einem sol­chen Gesetz betrof­fe­nen Grup­pen zu wagen. Der Ent­wurf ist ein­sei­tig geprägt von Inter­es­sen der quee­ren Trans­ideo­lo­gie und hat in der Bevöl­ke­rung kei­ne Mehr­heit. Er trägt viel­mehr dazu bei, die Gesell­schaft zu spal­ten und die Akzep­tanz von Les­ben zu gefährden. 

Vor allem aber erwar­ten wir eine umfas­sen­de Rechts­fol­gen­ab­schät­zung für das SBGG für alle Berei­che, in denen Geschlecht eine recht­lich rele­van­te Kate­go­rie ist oder eine Unter­schei­dung nach Geschlecht vor­ge­nom­men wird. 

Wir kön­nen nur hof­fen, dass Sie Ihrer Pflicht als gesetz­ge­be­risch han­deln­de Per­so­nen in einer frei­heit­li­chen Demo­kra­tie und einem Rechts­staat nach­kom­men und sich ernst­haft und kon­struk­tiv mit mei­nen Beden­ken wie auch mit den Argu­men­ten der sicher zahl­reich ein­tref­fen­den Stel­lung­nah­men ande­rer besorg­ter Frauen/​Les­ben aus­ein­an­der­set­zen und sie bei ihren Ent­schei­dun­gen berücksichtigen. 

Mit freund­li­chen Grüßen 

Safia e.V. – Die Vorstandsfrauen